Samstag, 1. März 2008

Der Geschichtenerzähler Michael Dorgan

Michael haben wir getroffen, als wir mein neues Kameraobjektiv am Coastal Walkway am Charles Fort ausprobiert haben. Er fragte, ob wir ihm seine neue Kamera erklären könnten, da wir ja mit einem solchen Objektiv offensichtlich Profis sein müssten. Wir versicherten ihm glaubhaft, dass das Objektiv neu und bei Weitem professioneller ist als der Fotograf. Geholfen haben wir ihm natürlich trotzdem.

Während ich mich mit seiner Kamera beschäftigt habe, hat er angefangen, seine unzähligen Geschichten zu erzählen… Eine kleine Auswahl:

Seine zahlreichen Reisen führten in unter anderem schon sechzehn Mal nach Marokko. Einmal wurde er von jemandem abgeholt, der ein Schild mit seinem Namen hoch hielt. Allerdings war sein Name auf dem Schild falsch geschrieben. Statt Michael Dorgan stand dort Michael Jordan. Aus nachvollziehbaren Gründen erwarteten die Leute an diesem Flughafen einen sehr großen, muskulösen, schwarzen (politisch korrekter: dunkelhäutigen) Mann. Deshalb bildete sich in der Ankunftshalle eine große Menschentraube. Als sich jedoch herausstellte, dass der kleine, weiße Ire mit dem Bierbauch der erwartete Mann auf dem Schild war, war die Enttäuschung natürlich groß…

Michael liebt Marokko auch wegen der Kultur des Geschichtenerzählens. Diese wird dort auf den öffentlichen Plätzen gepflegt, wo sich meist ein großes Publikum um die Erzähler schart. Anschließend gehen die Zuhörer nach Hause und erzählen dort ihre Fassung der Geschichten. Diese Tradition gleicht anscheinend stark der irischen Erzählkultur, die Michael sehr offensichtlich selbst gut und gerne pflegt. Er hat uns einige Beispiele für die blumige Ausdrucksweise der Iren gegeben. Zum Beispiel sagt man in Irland nicht einfach, dass jemand betrunken war. Sondern man drückt es viel anschaulicher aus und sagt zum Beispiel, dass jemand auf dem Heimweg beide Seiten der Strasse gesehen hat oder dass jemand mit halbseitig hängendem Kopf im Pub saß.

Und dann hat er uns noch die Geschichte von dem alten Iren erzählt, der sich vor dem Heimweg vom Pub eine kleine Whiskeyflasche in die Hosentasche gesteckt hatte, damit er zuhause noch einen Betthupferl trinken konnte. Zuhause angekommen, polterte er, aufgrund seines erhöhten Alkoholgenusses erst mal gegen die Wand. Darauf hin spürte er wie eine Flüssigkeit sein Bein hinab floss. Da er selbst kaum mehr aus den Augen sah, bat er seine inzwischen aufgewachte Frau, ihm zu versichern, dass es Blut war, das ihm da am Bein hinunter lief – und nicht sein guter Whiskey…


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