Sonntag, 31. August 2008

Die Woche des Denkmals



Diese Woche war auch in Kinsale, wie in vielen anderen europäischen Städten, Heritage Week – die Woche des Denkmals. Unter dem Motto „Holt sie heim“ waren im Charles Fort militärische Gegenstände aller Art und aus allen Epochen ausgestellt. Diese reichten von der jüngsten Geschichte im 20. Jahrhundert bis zurück in die Römerzeit. Das war zwar nicht wirklich spannend, aber die Römer waren der Hit bei den Kindern, die mit Holzschildern und Holzschwertern gegen die „richtigen“, die großen Römer kämpfen durften.

Der dramaturgische Höhepunkt der Veranstaltung war dann die Inszenierung der irischen Unabhängigkeitskämpfe, welche zuerst inmitten der Zuschauer und um die Zuschauer herum nachgespielt wurde. Überall knallten Platzpatronen und wurden Leute mit Gewehrkolben zusammen geschlagen oder erschossen.




Schließlich wurden die Iren von den Engländern ins Gefängnis gesteckt, entkamen aber durch ein Seitenfenster, kamen kurz darauf bewaffnet zurück und befreiten die zurückgebliebenen Gefangenen. Die „grandiosen“ schauspielerischen Leistungen, der Hobbydarsteller wurde nur noch von der Tatsache übertroffen, dass die Iren am Ende Unterstützung von den Römern bekamen und so der letzte Rest geschichtlicher Genauigkeit dahinschwand.



Die Darsteller hatten aber offensichtlich genauso viel Spaß wie die Kinder und das ist doch schlussendlich die Hauptsache. Den welchen Iren interessiert schon, was da genau passiert ist? Am Ende ist doch nur wichtig, dass die Iren gewonnen haben und die Engländer zurück auf ihre eigene Insel geschickt wurden.



Parfum aus der Toilette

Kürzlich stellte ich zu meiner Verwunderung fest, dass es seit Neuestem in den Toiletten irischer Pubs neben den allseits bekannten Kondomautomaten auch Parfumautomaten gibt. Verwundert ging ich zurück zu unserem Tisch und fragte meine Bekannten, ob sie mich vielleicht aufklären könnten, was es mit diesen Automaten auf sich hat. Sie wussten zwar alle, dass es diese Automaten gibt, aber niemand konnte mir so richtig erklären wozu. Nach längerer, angeregter Diskussion einigten sie sich auf die Variante, dass die Parfumautomaten in erster Linie von Besoffenen genutzt werden (sollen), die aufgrund ihres übermäßigen Alkoholkonsums schon etwas strenger riechen (und sich dessen bewusst sind). Für den Fall, dass also einer dieser Kandidaten seine Traumfrau an der Bar gesichtet hat, verschwindet er kurz auf der Toilette und parfümiert sich dort ein, verwandelt sich in einen Adonis und macht sich dann an die Frau ihrer Träume ran. Das Gute dabei ist, dass der angetrunkene Aufreißer gar nicht mehr viel sagen muss, denn aufgrund des unwiderstehlichen Dufts, wird das Zielobjekt sofort vollkommen willenlos und fällt an Ort und Stelle über den keltischen Tiger her.

Hört sich ja ganz plausibel an, aber Zeuge dieses faszinierenden irischen Balzrituals war anscheinend noch keiner meiner Bekannten. Wir waren uns einig, dass wir einfach noch viel mehr Zeit im Pub verbringen müssen, um das einmal miterleben zu dürfen und haben uns darauf gleich nochmal eine Runde Bier geholt.

Sonntag, 24. August 2008

Olympische Medaillen für Irland

Bei Olympischen Spielen ist Irland traditionell weniger erfolgreich. Abgesehen von den Spielen 1996 - als Ausnahmeschwimmerin Michelle Smith mit 3x Gold und 1x Bronze gleich alle 4 Medaillen für Irland absahnte - tauchen irische Sportler eher in solchen Meldungen auf:

Aller Anfang ist schwer: Die irische Leichtathletin Roisin McGettigan stürzt bei der Überquerung des Wassergrabens während des 3000-Meter-Hindernislaufs. Dieser Wettbewerb war in Peking erstmals Teil des Olympischen Programms.

Umso erfreulicher das Abschneiden unserer irischen Sportler bei den diesjährigen Olympischen Spielen. Eine Silbermedaille plus 2x Bronze – alle im Boxen – ergeben die beste Bilanz seit 1956, als es 1x Gold, 1x Silber und 3x Bronze gab (natürlich wieder ausgenommen der Spiele von 1996). Auch damals wurden 4 von 5 Medaillen im Boxen gewonnen. Im Medaillenspiegel der Spiele von 2008 liegt Irland auf einem beachtlichen 62. Platz, gleichauf mit Österreich, aber hinter Bahrain, Panama sowie Trinidad und Tobago.

Die 3 erfolgreichen Boxer – Darren Sutherland, Kenny Egan und Paddy Barnes - sind natürlich mittlerweile Nationalhelden.

Kenny Egan schaffte es als Einziger bis ins Finale, verlor dort aber gegen Xiaoping Zhang und bekam dafür Silber.



Darren Sutherland war im Halbfinale chancenlos gegen den Engländer James DeGale, den er in vorgehenden Kämpfen mehrmals besiegt hatte. Dafür gab’s dennoch Bronze.



Am härtesten getroffen hat es Paddy Barnes, der im Halbfinale des Halbfliegengewichts gegen den Chinesen Zou Shiming 0:15 verloren hat. Paddy fand das gar nicht witzig und hat harte Kritik an den Punkte-Entscheidungen während des Wettkampfes geäußert: "Der einzige Weg für einen Sieg wäre gewesen, die Punktrichter K.o. zu schlagen."



Der eigentliche Star ist aber der Trainer der Boxer, Billy Walsh.



Der kommt aus einem Arbeiterviertel in Wexford (180km von Cork entfernt), fing als Siebenjähriger an zu boxen und fand sofort großen Gefallen daran. Die Iren drücken, dass natürlich viel blumiger aus. Billy fell in love with the glove.“ Etwa: „Billy verliebte sich in den (Box-)Handschuh“. 1988 hatte Billy selbst bei Olympia in Seoul geboxt, war als einer der Geheimfavoriten angereist, aber am Ende ohne Medaille zurückgekommen. Er wäre beinahe an dieser Niederlage zerbrochen. Doch nun hat er Irland 3 Medaillen beschert und somit hoffentlich die Geister von Seoul endgültig besiegt. Eine Erfolgsgeschichte, wie sie die Iren lieben.

Sonntag, 17. August 2008

Ein Jahr Irland

Am 1. August 2007 hab ich den ersten Blog des Irland Abenteuers eingestellt. Also ist der Irland Blog erst kürzlich ein Jahr alt geworden, was wiederrum bedeutet, dass ich nun auch schon seit über einem Jahr in Irland bin. Unglaublich wie die Zeit vergeht.

In über 100 Blogs hab ich versucht all die kleinen Dinge festzuhalten, die wir während dieser Zeit gelernt haben. Hört sich nach viel an. Trotzdem kommen wir uns nicht unbedingt schlauer vor. Aber eines haben wir ganz sicher gelernt. All die Geschichten über das scheußliche irische Wetter sind wahr! Jede einzelne Horrorgeschichte stimmt bis ins letzte Detail. Der Sommer dauert genau einen Tag und es regnet an 350 Tagen im Jahr.


Strandgut

Immer wieder faszinierend ist das Ausmaß von Ebbe und Flut (wobei es ja im Englischen keine Ebbe und Flut gibt, sondern nur eine „Tide“, die entweder „in“ oder „out“ ist). Das Meer drückt bei Flut kilometerweit ins Landesinnere. Flüsse, die bei Ebbe 1-2 Meter breit sind, schwellen dann zu 50m breiten Meeresarmen an. Die gewaltigen Wassermaßen, die dabei bewegt werden, reißen alles mit, was nicht festgebunden, verankert oder gut verwurzelt ist. Und zwar in beide Richtungen. Für Iren scheint es deshalb völlig normal zu sein, das Strandgut sorgfältig festzubinden, damit es nicht wieder vom Wasser mitgezogen wird.


Sonntag, 10. August 2008

Volkssport

Golfen in Irland ist für viele ein Traum und unzählige Touristen – vor allem Amerikaner – kommen jedes Jahr nach Irland, um hier einige Runden auf den zahlreichen Golfplätzen zu spielen.

Aber ist denn Golf auch ein Volkssport in Irland? Die Antwort ist eher nein. Zumindest nicht mehr oder weniger als in Deutschland. Würde man da von Volkssport reden? Wohl eher nicht.

Dennoch hat Golf hier natürlich eine ganz andere Tradition und auch einen anderen Stellenwert. Und seit diesem Jahr gibt es seit Langem auch wieder einen richtigen irischen Golfstar – um nicht zu sagen einen Nationalhelden! Padraig Harrington hat letztes Jahr auf spektakuläre Weise eines der vier wichtigsten Golfturniere der Welt gewonnen – die British Open. Er war damals der erste europäische Sieger eines Majors seit 1999.



Dieses Jahr hat er sogar noch einen drauf gepackt. Er hat sich in einem noch spektakuläreren Finish erneut den Titel bei den British Open geholt. Damit war er der erste Europäer seit 1906, dem zwei aufeinanderfolgende Siege bei einem der Major Turniere gelangen. Wegen seiner zauberhaften Spielweise wird er von der Presse nun Harri Putter genannt und hat sich mit diesem erneuten Sieg auf Platz 3 der Weltrangliste vorgeschoben. Damit sind wir Iren endlich wieder eine Größe im internationalen Golf.

Sonntag, 3. August 2008

Kreisverkehr

Die Iren lieben Kreisverkehre bzw. „Roundabouts“ wie sie hier heißen. In diesem Bereich sind sie ganz weit vorne. Es gibt hier deutlich mehr Kreisverkehre als in Deutschland. Das kann natürlich daran liegen, dass die Iren nicht sonderlich gut Auto fahren können und die hohe Anzahl an Verkehrstoten durch die Einrichtung von Kreisverkehren gesenkt werden soll. Die Idee ist an sich gut. Nur muss man dazu auch das Prinzip des Einfädelns verstanden haben.

Diese Woche hatte ich eine Irin vor mir, die das offensichtlich noch nicht verstanden hatte. Sie wartete geschlagene 5 Minuten, bis sie sich entschloss, sich in den Strom kreisender Autos hinein zu wagen. 5 Minuten! Den Zeitpunkt, den sie sich für die Einfahrt ausgesucht hatte, hätte viel schlechter nicht sein können. Denn als sie fast im 90 Grad-Winkel in den Kreisel hinein fuhr (direkt auf die innere Spur), wollte ein Ire mit seinem Geländewagen – ebenfalls nahezu im 90 Grad-Winkel von der inneren Spur Richtung nächste Ausfahrt fahren. Zum Glück hat der Geländewagen dann doch noch gebremst und die Irin, die wahrscheinlich bis heute nicht gemerkt hat, wie gefährlich das war, kam ohne Weiteres auf der anderen Seite des Kreisverkehrs wieder raus. Obwohl ich versucht war, ihr zu folgen – denn auf dieser Straße kamen gleich nochmal 2 Kreisverkehre – bin ich dann doch direkt (und kopfschüttelnd) zur Arbeit gefahren. Ampeln haben für solche Fahrer den klaren Vorteil, dass sie hier nichts entscheiden müssen. Klare Vorgaben: Bei Rot halten, bei Grün Gas geben. Das wäre für manchen Iren vielleicht doch die bessere Lösung. Zumal man hier ja auch ohne Fahrprüfung fahren darf. Fahranfänger müssen zwar ihr Auto mit einem großen roten „L“ für „Learner“ kennzeichnen, dürfen aber schon fahren, bevor sie die Prüfung bestanden haben. So hat mir eine Arbeitskollegin erzählt, dass sie mit ihrem eigenen Auto zur Fahrprüfung gefahren, dort durchgefallen und anschließend mit dem eigenen Auto wieder heim gefahren ist. Ganz legal.