Samstag, 14. Juni 2008

Die Iren und die Euro (-päische Union)

Die Iren wollen anscheinend nicht so richtig an der Euro (päischen Union) teilnehmen. Denn diese Woche haben sie den EU-Reformvertrag von Lissabon abgeschmettert und damit Europa in eine tiefe Krise gestürzt.


Laut Endergebnis stimmten 46,6 Prozent der Iren mit Ja, und 53,4 Prozent lehnten den Vertrag von Lissabon ab, der die Europäische Union fit machen sollte für das 21. Jahrhundert. Damit wird die EU nicht wie geplant ab 2009 einen Präsidenten und Außenminister bekommen oder erstmals das Recht der Mitglieder zum Austritt verankern. Um den Vertrag von Lissabon in Kraft zu setzen, wäre eine Ratifizierung in allen 27 EU-Mitgliedstaaten notwendig.



Von den 3,05 Millionen registrierten irischen Wählern stimmten am Donnerstag lediglich 53,1 Prozent ab. Wo sich die andere Hälfte der Iren herumtrieb und ob sie vielleicht die grandiose 1:2 Niederlage der Deutschen gegen die Kroaten vorzogen, ist nicht bekannt.

Mangels neuer Grundlage muss die EU nun zunächst mit dem Nizza-Vertrag weiterarbeiten, der seit 2003 in Kraft ist. Das Problem: Der Vertrag sieht überwiegend einstimmige Entscheidungen vor, was die Arbeit mit 27 EU-Mitgliedern erschwert. Zudem ist der Einfluss des Europaparlaments begrenzt. Bei jeder neuen EU-Erweiterung - Kroatien könnte schon 2010 beitreten - müssen die Stimmrechte der EU-Staaten zudem aufwendig neu ausgehandelt werden. Der Lissabon-Vertrag sollte in allen Punkten Abhilfe schaffen.

Denkbar wäre nun eine zweite Volksabstimmung in Irland. Dafür gibt es ein Vorbild: Als der Vertrag von Nizza 2001 am Nein der – wen wundert’s? - Iren scheiterte, legte ihn die Regierung in Dublin 2002 noch einmal zur Abstimmung vor, diesmal mit Erfolg.


So richtig 100%ige Europäer sind sie hier auf der Insel also noch nicht. Das ist ja aber auch nicht weiter verwunderlich, wenn man so abgeschieden ist vom Festland und eigentlich nur sehr wenig über die seltsamen Leute vom Festland weiß. Aber auch die irischen Medien sind da nicht besonders hilf- bzw. lehrreich. Denn wenn Etwas von außerhalb Irlands berichtet wird, dann von der Nachbarinsel England und im Ausnahmefall noch von den USA. Ansonsten konzentrieren sich die Nachrichten auf die Verkehrsun- und Raubüberfälle sowie die damit verbundenen Gerichtsverhandlungen und – urteile aus ganz Irland, die Ergebnisse der irischen Sportarten und die Entwicklungen der wenigen großen irischen Konzerne wie der Fluggesellschaft Aerlingus. Wenn nun die suspekten Nachbarn vom europäischen Festland auch noch Einfluss (gleich welcher Art) auf die lokalen Gegebenheiten nehmen wollen, dann ist es aus irischer Sicht erst mal schlauer dagegen zu sein, damit möglichst alles so bleibt wie es ist.

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